mit CARSTEN BUSSE

The Meaning of Life

 

 

Ausstellung von Kay Brudy und Carsten Busse

 

 

Als die britische Komikertruppe Monty Python 1983 „The Meaning of Life“ in die Kinos brachte, rechnete wohl niemand damit, dass mit diesem Film die Fragen nach dem Sinn des Lebens nun hinreichend geklärt würden. Statt Antworten gab es denn auch eine episodenhafte, satirische Abrechnung mit der Absurdität des menschlichen Daseins. Unvergessen bei allen, die den Film gesehen haben, ist die Szene, bei der ein fetter und offenbar wohlhabender Mann sein Leben damit beendet, nach einer unglaublichen Völlerei in einem Restaurant beim letzten Petersiliensträußchen zu platzen. In einer anderen Sequenz wird einer Mrs. Brown (deren Ehemann gerade zwangsweise in der heimischen Wohnung Organe entfernt werden) im „Galaxy Song“ das Universum vom Urknall bis zur eigenen Geburt erklärt. Sinn dieser musikalischen Lektion ist es, Mut zu machen und sich dem Wunder der eigenen Existenz bewusst zu werden. Das Ende des Liedes bringt es dann doch irgendwie auf den Punkt:

 

„So remember, when you're feeling very small and insecure,

How amazingly unlikely is your birth;

And pray that there's intelligent life somewhere out in space,

'Cause there's bugger all down here on Earth!“

 

Es ist schwierig mit dem Sinn des Lebens.

 

Für KünstlerInnen ist dieses Problem natürlich ein Dauerthema. Als die Steinzeitmenschen die Höhlenwände mit Jagdszenen bekritzelten, war natürlich das Überleben selbst der Sinn des Lebens. Die religiösen Malereien des Mittelalters gemahnten die Menschen an ein gottgefälliges Leben, um nicht nach dem Durchschreiten des irdischen Jammertals auch noch in der Hölle zu landen. Später wurde schließlich das Leben selbst zum Thema der Kunst, in all seinen Facetten, Höhen und Tiefen, Utopien und Dystopien. Die Frage nach dem Sinn stellt sich also immer wieder neu. Für eine Künstlerin/einen Künstler ist der Sinn des Lebens wohl definitiv die Kunst selbst. In der Kunst – und mit der Kunst – ist der Mensch in der Lage, seine Umwelt und sich selbst zu reflektieren. Obwohl für den Schaffenden eine intensive Form des Individualismus, ist die Kunst gleichermaßen ein Fenster zur Gesellschaft, ein Mittel der Kommunikation und der Inspiration. Künstlerisch tätig zu sein bringt unerklärliche Momente des Glücks.

 

Vermutlich gibt es zwei Phasen im Leben des Menschen, in denen sich die Frage nach dem Lebenssinn besonders laut stellt: in der Pubertät und nach der ersten Halbzeit. (Vielleicht noch einmal kurz vor dem Tod, aber da lohnt es sich nicht mehr, darüber nachzudenken.)

 

Die Ausstellung von Kay Brudy und Carsten Busse hat ebenfalls keine Antworten auf die Frage nach dem Sinn des Lebens parat. Die Frage selbst bildet jedoch das Hintergrundrauschen zu den gezeigten Arbeiten. Für beide Künstler ist das Sampling, die Collage, das Zusammenspiel verschiedener Medien und Techniken seit Jahren prägend für die künstlerische Arbeit. Ebenso die Verwendung von Texten und Textfragmenten.

 

Kay Brudys „Schulblätter“ zum Beispiel, eine Werkgruppe, die immer wieder durch neue Arbeiten ergänzt wird, verknüpft Geschichte mit Gegenwart, Kindheitserinnerungen mit seinen Erfahrungen im Beruf des Lehrers. Nicht zuletzt sind seine Arbeiten auch Reminiszenzen an Brudys Arbeit mit dem 2005 verstorbenen Schweizer Konzeptkünstler Rémy Zaugg. Die in der Ausstellung gezeigten Arbeiten sind ihrerseits Reflexionen, welche Fragmente jener Schulblätter in formal oft sich annähernder Weise neu kombinieren oder überlagern, und so auch intuitivere Zugänge erlauben.

 

Auch Carsten Busse kombiniert gern verschiedene Techniken und Ausdrucksmittel. Schon in der Jugend inspiriert vom Dadaismus, später begeistert vom Konzept des Gesamtkunstwerks (vor allem dessen Umsetzung durch das Künstlerkollektiv „Neue Slowenische Kunst“) arbeitete Busse ab 1991 zwölf Jahre lang in der aktionistischen Künstlergruppe solitaire factory. Dass Busse in dieser Ausstellung ausschließlich Papierschnitte zeigt, ist kein Widerspruch. Die Papierschnitte sind Ausdruck einer Neuorientierung, welche im vergangenen Jahr begann und den sowohl meditativen als auch handwerklichen Aspekt künstlerischer Arbeit in den Mittelpunkt seines Schaffens rückt. Die Themen sind weiterhin vielfältig, verweisen aber durchaus auch auf frühere Werke.

 

Kay Brudy und Carsten Busse verbinden aber nicht nur ähnliche künstlerische Ansätze. Sie engagieren sich über ihre Arbeit hinaus für die Organisation und Durchführung zahlreicher Ausstellungen, Lesungen, Performances, Vorträge und Konzerte.

 

Die beiden Künstler haben bereits eine ordentliche Strecke auf ihren Lebenswegen zurückgelegt. Ihre Erfahrungen haben ihre Blicke auf die Welt sicher immer wieder verändert. Blicke, die nach wie vor nach vorn gerichtet sind.

 

Es gibt noch viel zu tun - 'Cause there's bugger all down here on Earth!

 

Carsten Busse, 2020